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17.04.2020

Kopf hoch in der Krise!

Wie zeigt sich psychologische Kompetenz in schwierigen Zeiten? Emotionale Intelligenz: Negativ Denken ist positiv! Vom Nutzen der schlaflosen Nächte: Die Krise als Chance?  Nicht wir haben die Krise: Die Krise hat uns!  Angst erkennen, ertragen und vielleicht sogar nutzen? 12 Strategien um besser durch die Krise zu kommen …

Psychologische Krisenkompetenz

Die sich anbahnende Wirtschaftskrise übertrifft in Ausmaß und Auswirkung alle bisher da gewesenen. Manche Führungskräfte stehen dadurch vor emotionalen Herausforderungen, auf die sie wenig oder gar nicht vorbereitet sind. 

Emotional kompetente Manager scheuen sich in der Krise nicht, Gefühle und Dinge beim Namen zu nennen. Sie reden nicht von dem, was sie gerne hätten, sondern von dem, was ist.  Menschen, die in der Lage sind, das auszudrücken, was alle fühlen und für das geeignete Worte zu finden, was jedem klar ist, werden respektiert.

In Krisenzeiten kann sich Führungsstärke zeigen. Schon in manchem Hochwasser hat sich der Eine als Problemlöser, der Andere als  Phrasendrescher profiliert. In der Krise ist Tatkraft gefordert. Es gibt Krisen, die kann man aussitzen. Die gegenwärtige gehört offensichtlich nicht dazu.

Um die Psychologie einer Krise besser zu verstehen, hilft - wie so oft - ein Blick in die Philosophie:

Nicht die Dinge an sich sind gut oder schlecht, unsere Bewertungen machen sie dazu ...
wusste schon Epiktet, der alte Stoiker. Die modernen Denker des radikalen Konstruktivismus kamen durch naturwissenschaftliche Forschungen  im Bereich Kommunikation, System- und Informationstheorie zur gleichen Aussage: Unser Gehirn ist ein Bedeutung gebendes Organ! Die Dinge an sich haben keine Beutung. Die Welt ist leer. Und die moderne Hirnforschung zeigt uns: In unserem Nervensystem werden in den Sinnesorganen neutrale, digitale Rohdaten erzeugt und zum Gehirn geleitet. Dort werden diese im Licht vorausgegangener Erfahrungen im Gedächtnis geordnet und zu einer kohärenten Simulation der Welt zusammen gefügt, die wir schließlich als real und außerhalb von uns erleben. Die Regeln, nach denen dieser Konstruktionsprozess geschieht, sind Kategorien und Begriffe, die wir nicht der Umwelt entnommen – sondern in sie hinein gelegt haben. Also: Wir sind die Krise.

Die Bedeutung dessen, was geschieht, wird vom menschlichen Bewusstsein aus dem Gedächtnis abgerufen und dazu verwendet, die Welt zu strukturieren und zu bewerten. Ein leeres Portemonnaie aber ist zunächst einmal nur ein leeres Portemonnaie. Das sind die Fakten. Was das für uns bedeutet, sagen uns die Fakten nicht. Die Bedeutung wird vom Gehirn des Beobachters gegeben, also von uns selbst. Wir wissen: Ein leeres Auftragsbuch, ein leerer Terminkalender kann z.B. auch als Ausweis der Unfähigkeit des Besitzers verstanden werden und daher ist die Angst vor dieser Leere eine mächtige Triebfeder unserer Arbeitsmotivation gewesen. Aber diese Angst ist jetzt weg. Uff. Denn die Bücher sind leer und das durchaus beruhigende daran: Man kann nichts dazu! Ich war es nicht: Die Krise ist´s gewesen! Wir dürfen uns entspannen.

Wie viele Jahre schon hatten wir gespürt, dass es nicht so weiter gehen kann in diesem Höllentempo, mit dieser Beschleunigung. Wir haben mit beiden Füßen auf dem Gas gestanden und gleichzeitig gestöhnt und uns gewunden. Zeitdruck! Die Geißel des Arbeitslebens. Einmal Zeit haben! Sich richtig um die wichtigen Dinge kümmern. Die alten Kontakte pflegen. Die Ablage ordnen. Ein Buch lesen. Und Zeit für sich haben. Für Wellness. Für Ruhe.

Voilá meine Damen und Herren: Die Zeit haben Sie jetzt! Es ist Entschleunigung. Lehnen Sie sich zurück. Denken Sie in Ruhe nach. Jetzt dürfen Sie. Jetzt sollen Sie!

Warum sich Krisen nicht vermeiden lassen

Vielleicht ist es tröstlich zu wissen, dass es sich bei unserem in die Krise geratenen Wirtschaftssystem offenbar um eine dissipative Struktur handelt. Dissipative Strukturen sind nach Ilya Prigogine, dem Nobelpreisträger in Chemie 1977, Systeme, die sich nicht im Gleichgewicht befinden, sondern offen sind und Energie mit der Umgebung austauschen. Dadurch können sie in höhere Zustände gelangen. Aber jeder Aufstieg erfordert den Zusammenbruch der bisherigen Struktur. Die Entwicklung solcher Ordnung verläuft eben nicht gleichförmig, sondern sprunghaft. Nach längeren Phasen relativer Stabilität und Weiterentwicklung folgt unweigerlich der Systemabsturz, die Krise. Und aus dem darauf folgenden Chaos wächst dann die neue, höhere Ordnung. 

Es sind Naturgesetze, denen wir hier unterliegen, nicht unsere eigene Dysfunktionalität. Und in denen ist der Zusammenbruch, die Krise, eingebaut: It´s not a bug – it´s  a feature!  Also lassen Sie sich bitte lustvoll aus dem Gleichgewicht bringen und genießen sie die Fahrt ...

Die Berücksichtigung der Erkenntnisse der Quantentheorie zeigt, dass die Vorhersagbarkeit realer komplexer Systeme nicht nur an der Grenze der praktisch möglichen Messgenauigkeit scheitert, sondern dass ihr Verhalten prinzipiell nicht determiniert ist. (http://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung )

Sie sind nicht-deterministisch, unvorhersagbar, nicht linear beschreibbar oder gar kontrollierbar, sondern unterliegen den Prinzipien des Chaos. Nichtlineare dynamische Systeme, wie unser Wirtschaftssystem, die von der Chaosforschung beschrieben werden, nehmen prinzipiell und immer wieder unvorhersehbare Zustände an und produzieren Krisen. Das liegt in ihrer Natur. 

Es ist nicht sinnvoll, bei so einem Zusammenbruch nur nach „den Schuldigen“ zu fahnden, wenn gleich die Frage der Verantwortung und Verantwortlichkeit zu klären ist. Doch das System ist mehr als die Summe seine Akteure: Wenn im Vorfeld der Finanzkrise 2008 z.B. zwei Dutzend Wall Street Akrobaten nicht auf die Idee verfallen wären, Kredite als Werte zu verbriefen, dann hätten es eben andere getan. Das entlässt den einzelnen dennoch nicht aus seiner Verantwortung, aber es entlastet auch nicht uns alle, die wir Teilnehmer und Mittäter des Systems sind. 

Stressreduktion in der Gemeinschaft

Dabei steht noch etwas viel wichtigeres dahinter für den Menschen, als bloß die Anhäufung von materiellem Besitz. Was uns im positiven motivieren kann und dessen Verlust in der Krise nicht unbedingt zu fürchten ist, ist die gefühlte Gemeinschaft mit anderen. Unser Wunsch nach Anerkennung und Beachtung ist neuro-biologisch so tief und massiv verankert, dass einer der angesehenen deutschen Hirnforscher und Neurobiologen, Prof. Wolfgang Bauer, meint: Kern aller Motivation ist es, zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung oder Zuneigung zu finden oder zu geben. (...) Das Bemühen des Menschen, als Person gesehen zu werden, steht noch über dem, was landläufig als Selbsterhaltungstrieb bezeichnet wird. (Bauer, J. 2006, S. 37)  

Es gibt nichts Wirkungsvolleres um Angst und Trauer zu reduzieren, als die Gemeinschaft mit anderen Menschen. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Real ist besser als online, aber online ist besser als nichts, sehr viel besser! Es kann sehr hilfreich sein, das bittere Innenleben in Worte zu fassen und anderen, denen es möglicher Weise ähnlich geht oder schon einmal ergangen ist, davon zu erzählen. Im Realleben kann man durch gemeinsames Singen, Klagen, Tanzen, Wandern oder ähnliche Bewegungssynchronisation, die Entstehung der emotionalen  Resonanz verstärken. Aber der tröstende Effekt von Zugehörigkeit kann durchaus auch online entstehen.

Emotionale Resonanz 

Spezialisierte Nervenzellen in unserem Gehirn, die so genannten Spiegelneuronen (Rizzolatti, G. 2008) sind dafür verantwortlich, dass wir Gestimmtheit auf Andere übertragen und mit Anderen teilen können. Informationen über seine zwischenmenschliche Beziehungen sind für den Menschen die bedeutsamsten Signale, die Einfluss auf sein Verhalten haben. Sie können ihn am wirkungsvollsten und nachhaltigsten motivieren oder demotivieren. 

Wir sind Gruppenwesen. Der Mensch gehört zu den geselligen Spezies. Das bedeutet auch, dass wir in den aller meisten Zeiten unserer evolutionsbiologischen Entwicklung bedingungslos auf  die Zugehörigkeit zu unserer Gemeinschaft (Sippe, Horde, Stamm) angewiesen waren. Der Ausschluss aus dieser bedeutete den Tod. Ein Individuum alleine konnte kaum überleben. Eine positive emotionale Resonanz, hervorgerufen durch die Gemeinschaft mit anderen, aktiviert also unsere tiefsten Sicherheitsgefühle und wirkt in Krisenzeiten ausgesprochen heilsam. 

Emotionales (Selbst-) Management 

Wenn die Krise einen hat, dann erzeugt sie schlechte Gefühle. Man muss sich diesen negativen Emotionen stellen und nicht davor flüchten. Seiner Angst ins Gesicht schauen, in die Übelkeit hinein fühlen, die verheerenden Gedanken fließen lassen und nicht davor davon zu laufen versuchen. Die Kernfrage lautet: Wer nimmt dies alles wahr?  

Die körperlichen Aspekte des Angstgefühls, wie Übelkeit, Zittern und Tränen, können am wirkungsvollsten durch gezielte Atemtechnik (Pranayama) zurückgedrängt und oft sogar völlig aufgelöst werden. Die eigene Aufmerksamkeit richtet man dabei nach innen und beobachtet den Beobachter, also sich selbst.

Wer auf diese Art in der Krise seine Aufmerksamkeit schult, kann sich langsam klar darüber werden, dass er selbst - wie die meisten Menschen - die Welt durch eine emotionale „Brille“ sieht, und seine Identifikation mit den Emotionen lässt nach. Jetzt wird die Angst zu einem ungebetenen Besucher und man kann entdecken, wie eine solche Stimmung (längerfristig) oder Emotion (kurzfristig) die Wahrnehmung dessen, was ist, einfärbt. 

Vom Wert des negativen Denkens

In einer Krise soll man nicht positiv denken, sondern - dem Anlass gemäß - negativ. Nicht nur die guten Gefühle, wie etwa Optimismus, Gelassenheit oder Zufriedenheit, sind jetzt gefragt, sondern erst recht die negativen, wie Angst, Zweifel oder Trauer. Denn sie sind vor allem eines: Angemessen! 

Angst macht wach. Und wer könnte in Phasen des Umschwungs keine Wachheit gebrauchen? Wenn die alten Muster nicht mehr relevant sind, lernt unser Gehirn weniger aus der Vergangenheit sondern profitiert eher von einem Öffnen in die Gegenwart, von Wachheit und Präsenz. Angst ist eine primär körperliche Reaktion, bei der wir uns zwar unwohl fühlen aber gleichzeitig eine Menge an zusätzlicher Energie bereit gestellt bekommen. Angst ist zwar kein guter Ratgeber, aber Not macht erfinderisch! 

Trauer entsteht, wenn uns etwas abhanden kommt. Es mag sich um einen vergleichsweise trivialen Verlust handeln oder wie im schlimmsten Fall, den einer wichtigen Bezugsperson: Die biologische Emotion ist immer die gleiche, lediglich verschieden stark. Wo etwas fehlt, was vorher da war, klafft eine Lücke. In der realen – wie auch in der Neuronenwelt, in der das Reale als Simulation repräsentiert ist. Wird dieses Loch im Netz emotional stark belegt, zieht es unsere Aufmerksamkeit auf sich, macht uns den Verlust bewusst und aktiviert somit den neuronalen Verknüpfungsprozess. Bewusstsein ist das, was das Gehirn erzeugt, um neue Verbindungen dort herzustellen, wo es noch keine fertigen neuronalen Strukturen gibt. Die Empfindung dieses Zustands als Bewusstsein ist das Eigensignal des Gehirns für diesen Zustand. (Roth, W. 1997, S.247)

Vom Nutzen der schlaflosen Nächte

Wen die Existenzangst erwischt, der tut nachts kein Auge zu. Bewusstsein ist eine Maßnahme des Gehirns, die überall dort eingesetzt wird, wo noch keine fertigen Netzwerke vorhanden sind, sondern neu geknüpft werden müssen. Bewusstsein erzeugt die Verknüpfungen auf dem höchsten Level. Im Nachtschlaf geschieht zwar die Konsolidierung dieses Wissens durch Aufruf verschiedenster Fragmente im Traum, aber der übergeordnete Zusammenhang, den eben nur das Bewusstsein her zu stellen vermag, ist im Schlaf nicht vorhanden und kann folglich nicht bearbeitet werden. Wenn das Gehirn uns wach hält, so hat es seine guten Gründe dafür. Es ist deshalb keine gute Idee, dagegen zu kämpfen und unbedingt einschlafen zu wollen. Wer schlaflos ist sollte grübeln, dazu ist die Schlaflosigkeit da. Am besten, in dem er aufsteht, sich an den Schreibtisch setzt und einmal alles aufnotiert, was ihn bewegt. Dabei gilt: 

Denken Sie die Katastrophe

Entwickeln Sie Worst-Case-Szenarien und fragen Sie sich, was im schlimmsten Fall geschehen könnte und was die Auswirkungen davon wären. Denken Sie das undenkbare. Bringen Sie die Katastrophe zu Papier. Schieben Sie Lichtblicke zur Seite und stellen Sie sich darauf ein, dass das Licht am Ende des Tunnels eine entgegenkommende Lokomotive ist. Und dann legen Sie Stift und Papier zur Seite und machen einen Spaziergang. Gehen Sie hinaus in die kühle Morgenluft. Allein. Wenn alles noch schläft. 

Krise als Chance?

Eine Krise mag sich ja im Nachhinein als Wendepunkt, Reinigung und Befreiung von unnötigem Ballast entpuppen, doch wenn man drin steckt, ist sie vor allem eins: kritisch. Und eine kritische Situation ist erstens heikel und zweitens unangenehm. Da will man raus. Allein Krisengewinnler sind an einer Fortsetzung der Instabilität interessiert. Normaler Weise ist die Krise ein unhaltbarer Zustand. Sie stellt einen Übergang dar, ein Durchgangsstadium. Alle Krisen lassen einen daher hoffen, dass es danach besser wird. Besser im Vergleich zum Höhepunkt der Krise. Aber auch zum Ausgangspunkt ? Ob sich eine Verbesserung wirklich zeigt, liegt auch am Umfang der Schäden, die die Krise hinterlassen hat. Manche Krise ist nicht zu stoppen und wächst sich aus zur Katastrophe, dem völligen Zusammenbruch.

Alles Krise?

Es gibt kaum dankbarere Gesprächsthemen als Krisen. Die negativen Emotionen sind für uns Menschen nun mal bedeutsamer als die positiven. Das Schlimme entfaltet stets seine besondere  Faszination. Es wirkt wie ein emotionaler Fliegenfänger. In dem wir uns dagegen wehren, kleben wir schon daran fest. Wie eine Hässlichkeit oder ein Unfall, der einen schockiert während man gleichzeitig hingucken muss. 

Stell Dir vor, es ist Krise und keiner geht hin! Wir lassen uns jetzt mal nicht anstecken von diesem Krisengerede. Das wäre doch gelacht! Die Wirtschaft besteht schließlich – das ist allgemein bekannt – größtenteils aus Psychologie, also aus nichts als Luft, Einbildung und bloßem Gerede und Geschreibe. Aus Kommunikation. Aus Worten eben. Das seit dem 16. Jahrhundert bekannte Wort  Krise selbst stammt vom griechischen Krísis (lat. crisis) ab und heißt der Wortbedeutung nach „Entscheidung“ oder „entscheidende Wendung“. Die Krise ist also der Bereich, in dem sich etwas ändert. In der medizinischen Fachsprache wird damit der Höhe- und Wendepunkt einer Krankheit bezeichnet. (DUDEN)

Wie heißt die Krankheit, für die unsere aktuelle Krise einen Wendepunkt darstellen könnte? Erderwärmung? Klimawandel? Eine wirkungsvollere Maßnahme zur kurzfristigen Reduktion der Emission von Treibhausgasen hätte sich schließlich kaum jemand ausdenken können. Aber muss man so weit gehen, die Biosphäre unseres  Planeten, seine DNA basierte, lebendige Hülle, als einen einzigen, komplexen Organismus zu betrachten, der möglicherweise sogar eine Art eigenständiges Bewusstsein besitzt? (vgl. GAIA-Hypothese) 

Nicht wir haben die Krise – die Krise hat uns!

Wir müssen uns drüber klar sein, dass von einem emotionalen Tsunami, wie der globalen Krise, niemand wirklich verschont bleibt. Schon Gustave LeBon (LeBon, G., 1895) beschrieb, wie sich in der Masse der Bevölkerung Ideen, Gefühle, Erregungen und Glaubenssysteme per Ansteckung verbreiten. Heute wissen wir, dass für dieses Resonanzphänomen spezielle neurobiologische Systeme verantwortlich sind, die vorgedanklich, vorsprachlich und spontan für unser intuitives Wahrnehmen und Verstehen anderer Menschen sorgen. 

Die Spiegelnervenzellen in unseren Gehirnen erzeugen bildlich gesprochen einen zwischenmenschlichen Ozean von Bedeutungen in dem wir schwimmen. Durch diesen laufen seit geraumer Zeit die psychischen Schockwellen der Krise. Die Ängste von Millionen von Menschen, die weltweit um ihre Gesundheit, um ihre Liebsten, ihr Einkommen oder ihre Jobs fürchten, die Angst haben, die wütend oder hoffnungslos sind. 

Wen die Krise berührt, der erlebt typische, negative Emotionen. Diese Gefühle gehören zu unserer menschlichen, bioneurologischen Grundausstattung. Alle Menschen überall auf der Welt erleben sie wahrscheinlich auf die gleiche Art. Es sind primäre Dimensionen unserer Selbst- und Weltwahrnehmung. Lediglich die Anlässe, zu denen sie in Erscheinung treten, ihre Projektionsflächen, unterscheiden sich von Kulturkreis zu Kulturkreis – mitunter sogar ganz erheblich. Aber überall auf der Welt bilden sie die Basis für das fundamentale Empfinden unserer Existenz als Mensch. Ich fühle, also bin ich. (Damasio, A. 2002)

Angst erkennen und ertragen – oder sogar nutzen?

Angst sorgt vor allem durch die mit ihr verbundenen Ausschüttungen des Stresshormons Cortisol an den Synapsen dafür, dass bereits etablierte Nervenverbindungen sich auflösen und neuronale Netzwerke neu strukturiert werden können. (Hüther, G. 2000) Wenn es um ein Umlernen geht, wenn das Alte hinter einem gelassen werden soll, ist Angst unverzichtbar. Angst und Stress dienen in allen Nervensystemen als Trigger für selbstorganisierende, adaptative Prozesse der Neu-Verschaltung. 

Wir mögen sie nicht, doch die Angst, die eine echte Krise in uns entfacht, kann uns befreien, indem sie Lösungen bringt und Loslassen ermöglicht. Ein innerer Reinigungsprozess und eine damit einhergehende Neuausrichtung auf höherem Niveau, in einem höher entwickelten Zustand, können mit dafür sorgen, dass man aus der Krise gestärkt hervor geht. Man hat dann aus der Not eine Tugend gemacht und die Not-Wendigkeit einer Wende erzeugt. Für solche Prozesse brauchen wir Krisen! Sie bewirken Heilung.

Zusammenfassung
12 Strategien für bessere Laune in schweren Zeiten:

1. Beziehungen pflegen
Unsere Beziehungen zu anderen Menschen sind der Faktor, der unser Wohlbefinden am nachhaltigsten beeinflusst. Selbst körperliche Störungen und Schmerzen können wir leichter ertragen, wenn uns andere beistehen. Zuwendung ist die stärkste Medizin. Die Zeit, die wir für die Pflege guter -  oder in die Wiederherstellung gestörter – Beziehungen verwenden, ist - psychologisch betrachtet - die am besten investierte Zeit. 

2. Fitness, Bewegung und Sex
Wir fühlen unsere Emotionen und erleben unsere Stimmungen, in dem wir unseren Körper spüren. Veränderungen in der Körperchemie schlagen sofort auf die seelische Befindlichkeit durch. Selbst kleine körperliche Belastungen – wie Treppensteigen und Spazieren gehen – sorgen für eine Reduktion der Stresshormone (Adrenalin, Cortisol) im Blut und wir fühlen uns ausgeglichener. Guter Sex kann beides vereinen: Intensives Erleben einer wichtigen Beziehung plus Freisetzung von „Glückshormonen“ (Endorphin, Oxytocin, Phenethylamin). 

3. Aktivität statt Müßiggang
Wenn man niedergeschlagen ist helfen oft kleine Erfolgserlebnisse schon ein Stückchen weiter. Dauerhaftes Wohlbefinden gibt es nicht in der „Komfortzone“. Der Mensch will – wie ein guter Motor – gefordert sein. Sich etwas abverlangen, was nicht ganz so einfach ist. Die Messlatte ein klein wenig höher legen und ein Ziel sich setzen, das einem nicht von selbst zu fällt. Das sind geeignete Strategien im Stimmungstief. Dazu zählt Schuhe putzen, Keller aufräumen und ein Gang ins Fitness-Studio ebenso, wie der überfällige Zahn- und Gesundheits-Check. 

4. Konzentrierte Wahrnehmung
 Angst entsteht aus negativen Erwartungen, aus Gedanken an eine drohende Zukunft. Trauer entsteht aus schmerzhaften Erinnerungen, aus Gedanken an die verlorene Vergangenheit. Doch Vergangenheit und Zukunft existieren nur in unserer Vorstellung. Sie sind nicht real. Das einzige, was wirklich existiert, ist die Gegenwart. Hier anzukommen und frei von Vorstellungen auf das konzentriert zu sein, was gerade ist, befreit augenblicklich von allem seelischen Leid. Dieser Zustand wird häufig Meditation genannt, vor allem wenn man dabei still sitzt. Ist man dagegen in Aktion und geht vollkommen in seiner Tätigkeit auf, so dass man alles rundherum vergisst, ist  im Flow. 

5. Negative Emotionen beeinflussen
Die mittleren Bereiche unseres Gehirns die Emotionen und Stimmungen erzeugen, werden  von den Handlung steuernden Zentren hinter unserer Stirn beeinflusst. Man kann in gewissem Umfang Kontrolle über diese emotionalen Prozesse gewinnen, wenn man es im Alltag übt. Der Weg heißt Achtsamkeit. Es ist gerade in Krisenzeiten wichtig, allen Gefühlsregungen volle Aufmerksamkeit zu schenken und sie dabei zu beobachten, wie sie entstehen und vergehen. Wichtig dabei: Den eigenen Gefühlen – und seien sie noch so unangenehm – keinen Widerstand entgegensetzen und wahrnehmen, wie alles in dauernder Veränderung begriffen ist.

6. Dankbarkeit entwickeln
Gerade in den finstersten Zeiten kann es enorm befreiend sein, einmal zu überlegen – am besten aufzuschreiben – wofür in diesem Leben man eigentlich trotz allem dankbar sein kann. Dankbarkeit ist keine Emotion, sondern eine innere Haltung. In kritischen Zeiten sich bewusst auf das zu besinnen, was gut gelaufen ist und Dankbarkeit zu entwickeln - vor allem den Menschen gegenüber, die einem wohl gesonnen waren oder sind - ist ein direkter Weg zum besseren Gefühl. Ein „Dankbarkeitsbesuch“ bei einem alten Lehrer zum Beispiel kann nachweislich bis zu drei Monaten die eigene Stimmung positiv beeinflussen. 

7. Für Abwechslung sorgen
Wenn das Gehirn neue Eindrücke verarbeitet, werden neue Nervenverbindungen geknüpft. Dabei wird der Neurotransmitter Dopamin freigesetzt, der für unmittelbares Wohlbefinden und Motivation sorgt. Selbst in alltägliche Abläufe, die einer eingespielten Routine folgen, kleine Veränderungen einzubauen, kann unmittelbar positive Auswirkungen auf das Befinden haben. Probieren Sie es aus! 

8. Freiheit ist wichtiger als Wunscherfüllung
Der Mensch ist sehr schlecht darin, die Auswirkungen von Veränderungen in seinen Lebensumständen auf seine Befindlichkeit abzuschätzen. Wir glauben, dass wir glücklicher sind, wenn unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Doch an veränderte Umstände, im Guten wie im Schlechten, gewöhnt man sich recht bald. Das Maß an Freiheit, über die Verwendung unserer Lebenszeit bestimmen zu dürfen, beeinflusst aber unser Wohlbefinden viel direkter und nachhaltiger, als es jeder materielle Besitz auf Dauer könnte. 

9. An Tugenden und Werten orientiert handeln
Das wichtigste und erstaunlichste Produkt unseres 100 Milliarden Zellen Computers namens Gehirn, ist unser menschliches Bewusstsein. Unsere Fähigkeit, zu erkennen wer wir sind und uns als in der Zeit existierende Wesen wahr zu nehmen, ermöglicht es uns, strategisch zu denken und intentional zu handeln. Integrität entsteht, wenn das was man tut und das was man für richtig hält zueinander passt. Gibt es hier innere Widersprüche und Konflikte ist unser Seelenfrieden dahin. Umgekehrt entsteht ein Gefühl tiefer Zufriedenheit sogar im Gefängnis, wenn der Betreffende der Überzeugung ist, das er moralisch richtig gehandelt hat.

10. Schriftlich Bilanz ziehen
Als Robinson Crusoe seine Lage erkannte und über die Aussichten schier verzweifeln wollte, hatte er die Idee, mit einem Stock im Sand ein großes Konto zu eröffnen. Die eine Spalte überschrieb er mit „Positiv: Was ich noch habe“, die andere mit „Negativ: Was mir noch fehlt“. Und in die erste Spalte trug er ein: „Ich lebe noch“.  Dazu kam „frisches Wasser“, „Früchte“ und noch der eine oder andere Punkt. Und die tiefe Verzweiflung, die ihn zuvor ergriffen hatte – so wollte es der Autor – wich von ihm.

11. Soziales Engagement
Geben ist nicht nur seliger – geben macht auch seliger denn nehmen. Es kann einen enorm befreien, etwas zu tun, was aus dem eigenen „Hamsterrad“ hinausweist. Durch die Aktivität unserer Spiegelneuronen geraten wir dabei im besten Fall in Resonanz mit dem oder der Beschenkten. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Sowohl in der Erwartung, als auch in der Rückschau wirkt hier die gute Tat auf uns selbst zurück. Altruismus ist lediglich der bessere Egoismus.


Literatur

Bauer, Joachim: Prinzip Menschlichkeit: Warum wir von Natur aus kooperieren. Hoffmann & Campe, 2006

Damasio, Antonio R.: Ich fühle, also bin ich: Die Entschlüsselung des Bewusstseins. Ullstein, 2002

Goleman, Daniel: Emotionale Führung. Econ, 2002

Hüther, Gerald: Biologie der Angst: Wie aus Stress Gefühle werden. Vandenhoek, 2000

LeBon, Gustave: Psychologie der Massen (erstmals erschienen 1895). Kröger, 1982

Rizzolatti, G. & Sinigaglia, C.: Empathie und Spiegelneurone: Die biologische Basis des Mitgefühls, unseld, 2008

Roth, Gerhard: Das Gehirn und seine Wirklichkeit: Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. Suhrkamp, 1997



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